Ein Schrei hallt über eine große grüne Weide. Ein Bussard? Nein. Eine Kuhherde taucht am Horizont auf. Das Trampeln und Schnauben wird lauter. Flankiert werden die rasenden Rinder von drei Reitern – Gauchos, die Cowboys Südamerikas. Sie treiben die Rinder in einen Korral – ein eingezäunter Bereich. Ein Jungtier büxt aus, wird schnell wieder zur Herde getrieben, geschafft. Zehn Zuschauer haben die Szene beobachtet. Sie wollen morgen früh auch in den Sattel steigen, um das Rindertreiben zu lernen. Und das mitten in Mecklenburg-Vorpommern, auf Gut Dalwitz bei Rostock.
Paradies für Reiter
In der nordöstlichen Pampa zwischen Schwerin, Güstrow, Rostock und bis nach Usedom haben sich Gutshöfe, Schlösser und Sporthotels voll auf Ross und Reiter eingestellt: Pferdefans können auf 300 Reiterhöfen und Wanderreitstationen Betten und Boxen mieten. Auf sie warten 6.400 km Reitwege, unberührte Landschaft mit seltenen Wildtieren, frische Luft und vor allem viel Ruhe. In einer aktuellen Studie liegt Mecklenburg-Vorpommern an der Spitze der Regionen, „in denen Pferdefreunde demnächst einen Urlaub planen“, sagt Cornelia Hass vom Landurlaub-Verein MV. Aktuell belege die Region zusammen mit Bayern Platz drei in der Gästegunst, nach Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
Öko-Gutshof Dalwitz
„Die Landschaft hier ist der in Uruguay teilweise sehr ähnlich.“ Amancio Mendiondo kennt beide. Er begleitet die Gäste von Gut Dalwitz auf Wanderritten und Farmritten über das 2.000 Hektar große Gelände, um ihnen die Technik des Rindertreibens zu erklären. Was ihn in die mecklenburgische Pampa führt? „Das Gestüt, die Arbeit mit den Pferden und den Besuchern auf dem Öko-Gutshof Dalwitz und vor allem die Familie Bassewitz“, antwortet der Südamerikaner. Gutsherr Heino von Bassewitz hat ihn und die Criollo-Pferde aus dem fernen Süden „mitgebracht“.
Familie Bassewitz war 1945 vor den russischen Besatzern geflohen, musste Hab und Gut zurücklassen. „Wir sind mecklenburgische Aborigines“, bekräftigt von Bassewitz. Nach der Wende kam er mit Familie auf das zu DDR-Zeiten aufgeteilte, heruntergekommene Gut Dalwitz zurück und restaurierte und bewirtschaftete „step by step“. 24 Ferienwohnungen, 120 Gästebetten, Gastronomie, Forst- und Landwirtschaft – alles bio, Viehzucht in Freilandhaltung und eine Biogasanlage – so die Bilanz des Ureinwohners. „Wir bauen derzeit unser Torhaus mit Hotelzimmern aus, die Nachfrage ist groß.“
Jagdreiten mit Hunden
Eine weitere Spezialität bei Dalwitz ist der Reiterhof von Pferdewirtschaftsmeister Gabriel Rodenberg. Seine besondere Leidenschaft ist das Jagdreiten mit Hunden. Seine Mecklenburger Meute verfolgt dabei eine künstlich gelegte Duftspur. „So wurde vor 200 Jahren Wild gejagt, das tun wir heute nicht mehr“, schildert Rodenberg das Reiterlebnis durch Feld und Flur. Besucher können mit dem eigenen Pferd oder mit einem Schulpferd aus dem Stall bei Dalwitz „mitjagen“.
Übernachten im ehemaligen Rübensilo
Nicht nur Dalwitz baut neue Unterkünfte für Mensch und Tier. Zusätzliche Gästezimmer und Ferienwohnungen entstehen derzeit überall in MW: In Lischow bei Wismar ist Familie Schröder seit vielen Jahren auf Reiterferien für Kinder spezialisiert. Ein weiteres Standbein: Das Hochzeitsgeschäft. „Nach Trauung, Kutschfahrt und Feier wollen immer mehr Gäste auch bei uns übernachten“, berichtet Matthias Schröder, Junior-Chef auf Gut Lischow. Für Brautpaare ist eine Suite im einstigen Rübensilo im Bau. Der Clou: Das Holz für Boden, Wände und Möbel stammt aus dem eigenen Wald.
Tagungen und Management-Seminare
Der Ferien- und Pferdehof Gut Klein Nienhagen bei Kühlungsborn hat seinen Reitplatz mit einem neuen Belag versehen. „Ein Ebbe-Flut-System aus Quarzsand und Vlies sorgt dafür, dass es bei Trockenheit nicht staubt und nach Regen keine Pfützen auf dem Platz stehen“, erläutert Gutsinhaber Jan Glöe. Gemeinsam mit seiner Frau Bianca führt er seit 1997 den Ferien- und Pferdehof mit 15 Ferienwohnungen. Neben Hochzeiten sind Tagungen und Führungskräfte-Seminare hier sehr gefragt. Dafür kommen im Konfliktmanagement und bei der Teambildung ebenfalls Pferde zum Einsatz. „Pferde sind effektive Feedbackgeber“, erläutert die Kriminalbeamtin und Wirtschaftspsychologin Bianca Glöe. So werde zum Beispiel Körpersprache trainiert. In Klein Nienhagen ist im 86 Meter langen Marstall viel Platz für Gäste und ihre Vierbeiner.
Tudorbau mit Pferdegeflüster
Gestresste Manager zieht es auch in das Tagungs- und Eventhotel Gut Gremmelin bei Güstrow. „Der Pferdetourismus ist unser jüngstes Baby“, erklärt Inhaber Stefan Leue. Ein Reitplatz wurde angelegt, derzeit entstehen zwölf mobile Boxen für Wanderreiter-Pferde. Manager-Gruppen kommen regelmäßig in das mit dem Auto von Berlin und Hamburg schnell erreichbare Gut in Gremmelin – auch für pferdegestütztes Training. Nur eine 40-minütige Kremserfahrt entfernt liegt ein historisches Juwel: Das Herrenhaus Vogelsang drohte 2010 zu verfallen.
Robert Uhde, der bereits in Rostock mit Sanierungen Erfahrungen sammelte, setzte alles auf eine Karte – auf die Herrenhaus-Karte und kaufte den Tudorbau mit Park, Stallungen und Wirtschaftsgebäuden. Frau und Kinder sowie Pferde, Hunde und zwei Pfauen zogen mit. Heute veranstaltet Familie Uhde regelmäßig eine Show mit Reiterspielen: „Pferdegefllüster“. Bald sollen Gäste auch übernachten können. Außerdem riefen die Uhdes die lange Nacht der Herrenhäuser, genannt „Mittsommerremise“ ins Leben. Am 22. Juni ist es wieder so weit.
Luxusweiden und Suiten im Schloss Wendof
Auf der Koppel rund um das Schlosshotel Wendorf bei Schwerin, grasen derzeit rund 70 Pferde. Die Nobel-Herberge will „künftig mehr Gäste mit eigenem Pferd ansprechen“, sagt Hotelchefin Maja Kilgore. „Mecklenburg ist ein Paradies für Reiter und Pferde“, schwärmt die passionierte Freizeit- und Geländereiterin, die nach mehreren Jahren Arbeit in China und in der Südsee ins Mecklenburgische zurückkam und auch zwei eigene Pferde mitbrachte. Neben dem Schlosshotel trainiert der Springreiter Thomas Kleis seine Sportpferde: „Saftige Weiden, große Außenplätze und schier unendlich weite Ausreitmöglichkein. Das sind beste Bedingungen auch für Profisportler.“
In exklusiven Suiten bietet die einstige Mittelalter-Burg Platz für rund 50 Gäste. Auch die österreichischen Eigner investieren: Im Dorf entstehen weitere Ferienhäuser aus Schiffscontainern: echte Hingucker. „Damit für jeden etwas dabei ist“, erklärt Maja Kilgore.
Infos unter: https://www.auf-nach-mv.de/reiten oder https://www.mein-urlaub-im-schloss.de/
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