Dienstag, März 19, 2024
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Im Rausch der roten Dünen

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Die aufgehende Sonne taucht den aprikosenfarbigen Sand der Namib in ein unvergleichliches Licht. Für mich wird der Besuch der Sossusvlei, einer Lehmsenke in der ältesten Wüste der Welt, zu einem unvergesslichen Höhepunkt unserer Reise mit dem „African Explorer“.

Wandern im Morgenrot

Frühmorgens ist die beste Zeit, um die ziegelrot leuchtenden Riesensanddünen der Namib im Farbenspiel des Morgenlichts zu sehen. Nach einer Stunde Busfahrt erreichen wir das Tor zum Park, wo schon eine Autoschlange wartet. Die Guides der Busse und Jeeps müssen den Eintritt bezahlen, bevor ein Wächter pünktlich zum winterlichen Sonnenaufgang um 7.30 Uhr das Tor öffnet. Im warmen Morgenrot der Sonne und bei Temperaturen um 9 Grad wirkt der Anblick fast surreal. Langsam nähern wir uns der berühmten Düne 45. „Die heißt wohl so, weil sie 45 Kilometer vom Eingang entfernt liegt“, vermutet Guide Michael. Die ersten Gipfelstürmer sind bereits unterwegs, klein wie Schachfiguren wirken sie auf dem Kamm.

Für ein paar Münzen können wir nach der einstündigen Anreise ein Toilettenhäuschen besuchen und sind dankbar für das heiße Wasser mit Spüli, das uns der Toilettenmann anschließend aus einem Fünfliterkanister zum Waschen über unsere eiskalten Hände kippt – „heißes Wasser, heißes Wasser“, brüllt er ununterbrochen. Wir freuen uns darüber, denn eine Heizung gibt es in namibischen Reisebussen nicht, nur eine Kühlung und eine Lüftung.

Ein Traktor mit Anhänger bringt uns die letzten fünf Kilometer zu weiteren Dünen: Vorbei an „Big Daddy“, wo schon reger Wanderbetrieb herrscht, bis zu „Big Mama“, dort steigen wir aus. Eine halbe Stunde stapfen wir im Gänsemarsch durch den gelb-roten Sand, immer schön Abstand zum Vordermann haltend, um nicht einstaubt zu werden. Auf dem 120 Meter hohen Dünenkamm ist der Ausblick auf die rote Dünenlandschaft mit ihrer spärlichen grünen Vegetation ehrfurchterregend und unvergesslich.

Perfekter Sundowner

Zurück in der Namib Desert Lodge bleibt uns Zeit für ein Mittagessen und ein Schläfchen auf den Liegen am Pool. Punkt 16 Uhr starten wir mit offenen Fahrzeugen zur Fahrt in den Sonnenuntergang durch die wundervolle Wüstenlandschaft des Namib-Naukluft-Parks. Von den Bergen aus haben wir einen grandiosen Blick aufs Tal und unsere Lodge. Beim Sonnenuntergang gibt es Häppchen und Getränke nach Wahl. Der perfekte Sundowner mit einem Gin Tonic in der Hand.

Legendäre Geisterstadt Kolmanskop

Am nächsten Tag wartet unser Sonderzug in Mariental auf uns, er fährt bis zur Bahnstation Aus. Dort steigen wir wieder auf den Bus um, in dem unser Fahrer Eden in dicker Jacke und mit Pudelmütze bereits wartet. „Eigentlich sollte die neue Bahnstrecke in die legendäre Geisterstadt Kolmanskop bereits 2019 in Betrieb genommen werden, aber jetzt wird es wohl 2020“, vermutet Guide Michael.

In Kohlmanskop knallt die Wüstensonne. Dort wurden 1908 die ersten Diamanten in Namibia gefunden. Die Siedlung im Minensperrgebiet 1 entwickelte sich schnell und erlebte Aufstieg und Wohlstand bis in die 1950er Jahre. Heute sind die meisten Häuser verfallen. Die Sandwüste hat sich das Areal zurückerobert. Immer, wenn im nahen Lüderitz, das wir anschließend besuchen, ein Haus gebaut wurde, haben sich die Bauherren an den verlassenen Häusern in Kolmanskop bedient. Seit einigen Jahren ist die ganze Siedlung ein Museum.

Dank der Unterstützung durch die Minengesellschaft, die die Diamanten seit Mitte der 1950er Jahren im lukrativeren Oranjemund fördert, wurden Häuser restauriert. Dazu gehören u.a. das Gemeinschaftshaus mit der Kegelbahn, das Haus des Minenverwalters und das der Ladenbesitzerin, der damals reichsten Frau im Dorf. Mit einer kleinen Schmalspurbahn wurde damals jeden morgen aus der Eisfabrik ein Block Eis für die Kühlräume an die Haushalte geliefert, denn die Wüstentemperatur erreicht im Sommer schon mal 50 Grad.

Diamantensperrgebiet und Lüderitz

Ein Ausflug über die Lüderitz-Halbinsel durch das Diamantensperrgebiet, die nach dem Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz benannt wurde, führt uns zur großen Bucht am Diaz Point. Dort, am Atlantik, stehen das Kreuz des portugiesischen Eroberers Bartholomäus Diaz und ein kleiner Leuchtturm. Zurück in Aus fahren wir über Nacht mit dem „African Explorer“ bis nach Holoog. Der allmorgendliche Weckruf reißt mich aus dem Tiefschlaf. Die Zuggeräusche nehme ich schon lange nicht mehr wahr.

Fisher River Canyon

Noch leicht verschlafen sitzen wir nach dem Frühstück im Bus, der durch die unberührte Halbwüstenlandschaft in Namibias einsamen Süden fährt. Als die Sonne aufgeht, wird es sofort wärmer, und beim Fisher River Canyon können wir die warmen Jacken ausziehen. Eine kurze Wanderung führt uns am Rand oberhalb der Schlucht vorbei, mit einem grandiosen Blick in 500 Meter Tiefe. Insgesamt 160 Kilometer lang ist der zweitgrößte Canyon der Welt, der nur zwei Ein-bzw./Ausstiege und einen Notausstieg besitzt. „Zwischen fünf und 20 Personen dürfen die Wandergruppen aus Sicherheitsgründen umfassen. Mehr oder weniger sind verboten“, sagt Michael, dessen umfassendes Wissen um Historie, Geologie, Pflanzen- und Tierwelt uns immer wieder erstaunt.

Am Nachmittag freue ich mich aufs Zugfahren. Im Salon findet eine Bilton-Probe statt. Das beliebte Trockenfleisch gibt es u.a. von Springbock, Oryx und Kudu. Ich genieße die Fahrt am Oranje-Fluss auf der Aussichtsplattform im letzten Wagen, gleich hinter dem Salon, den Espresso in der Hand, von Afrikas strahlender Sonne gewärmt.

Good morning, South Africa!

In der Nacht passieren wir die Grenze nach Südafrika. Unsere Pässe wurden eingesammelt, eine Gesichtskontrolle müssen wir nicht über uns ergehen lassen. Mit zwei Hunden kontrolliert der namibische Zoll den Zug auf Rauschgift, während wir beim Abendessen sitzen. Alles ist gut, und wir dürfen weiter fahren. Auf südafrikanischer Seite erfolgt noch einmal dasselbe Prozedere. Diesmal muss die ganze Crew antreten. Dann können wir unsere Fahrt Richtung Augrabies Falls-Nationalpark fortsetzen. Am nächsten Morgen geht‘s per Bus zu den berühmten Wasserfällen mit ihren gigantischen Felsformationen und den kleinen Klippspringern – possierliche Nagetiere mit scharfen Zähnen, die harmlos aussehen und sich in der Sonne aalen. Streicheln sollte man sie besser nicht, warnt Michael.

Größte Diamantenmine der Welt

Die Landschaft, durch die der „African Explorer“ jetzt rollt, verändert sich, sie wird grüner. Das Gleisbett ist besser und ruhiger, und die Siedlungen wirken etwas wohlhabender, aber wir sehen auch hier von Armut geprägte Townships und Plastikmüll am Gleisbett. Die südafrikanischen Straßen sind meistens geteert und die Busse besser gefedert, als die namibischen. „Diese normalen Reisebusse würden auf Namibias Schotterpisten nur eine Woche überleben, dann wären sie hin“, erklärt Guide Michael. „Darum nimmt man einen Truck mit einem Mercedes-Motor und setzt den Bus-Fahrgastraum drauf. Deshalb haben die namibischen Busse, zwar Kühlung und Lüftung, aber keine Heizung.“

An Tag 13 der Reise ist es morgens so kalt, dass die kleinen Tümpel auf den Wiesen gefroren sind. Die Klimaanlage im Zimmer wird zur Heizung. Als wir den historischen Bahnhof der Diamantenstadt Kimberley mittags erreichen, knallt die Sonne. Nach dem Mittagessen werfen wir einen Blick in das berühmte Big Hole, einst die größte Diamantenmine der Welt, und in das Freilichtmuseum, wo sich liebevoll restaurierte Originalgebäude aus Kimberleys Belle Epoque befinden.

Rovos Rail Privatbahnhof

Am nächsten Tag heißt es in Pretoria, der südafrikanischen Hauptstadt, Abschied nehmen vom „African Explorer“ und der Besatzung. Im eleganten Rovos Rail Privatbahnhof Capital Park verlassen wir den Zug. Dort erwartet uns nicht nur eine luxuriöse Empfangshalle, wir dürfen auch die Werkshallen besichtigen, wo über 300 Facharbeiter beschäftigt sind. Die Männer und Frauen restaurieren die alten Waggons und Loks aufs Feinste, damit sie anschließend in neuem Glanz durchs südliche Afrika rollen können.


Hinweis in eigener Sache: Dieser Artikel wurde teilweise von Reiseveranstaltern, Restaurants, Hotels, Fluggesellschaften und/oder Tourismusagenturen unterstützt. Wir legen größten Wert auf unabhängige und neutrale Berichterstattung; daher entsprechen die Meinungen, Eindrücke und Erfahrungen der jeweiligen Autoren ihren persönlichen Ansichten.

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Liane Ehlers
Liane Ehlers
Liane Ehlers war fast 20 Jahre verantwortliche Redakteurin für das Wochenendjournal der Nordwestzeitung in Oldenburg, der größten Tageszeitung im Weser-Ems-Gebiet. Neben Lifestyle, Wellness, Medizin und Ratgeber gehörte auch Reise dazu, ihr Lieblingsressort. Sie hat ihren Traum verwirklicht. Jetzt ist sie als freie Reisejournalistin für die NWZ und andere Medien unterwegs.
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